Freitag, 27. April 2012

Tag 6

Mensch, liebe Leute. Was für ein Morgen!
Um halb zehn kam ich in das Atelier und fand Janina beim Frühstück vor. Wir begannen langsam unseren Tag mit dem Aufräumen der Spuren des letzten Abends.
Bei lauter Musik des Spatzen, von Paris die die gesamte Marienstraße beschallte, putzte ich unsere "Wohnung", klopfte den Teppich und fegte den Bürgersteig.

...bis Frieda kam.
Frieda hatte von unserem Projekt auf SWR4 gehört, zwischen 6 und 7 Uhr wurde der Beitrag über uns ausgestrahlt. Aus Marxzell stammend machte sie sich auf den Weg zu uns. Sie brachte Blumen und ein Stück Kuchen mit.


Frieda sagte, sie wolle uns ihre Daten geben und so tat sie auch.

Sie ist 1938 geboren. Am längsten Fluss Europas. Mit einem Jahr kam sie nach Alma Ata, dem damaligen. Das ist die "Apfelstadt". Sie hat, seit dem sie hier in Deutschland lebt, erst fünf Äpfel gegessen, die so schmecken wie die in Alma Ata. Das muss man sich vorstellen ! Vier, fünf Äpfel -in achtzehn Jahren! Früher hieß Alma Ata Verni, aber dann hat man sie umbenannt. Alma Ata wurde oft umbenannt, je nachdem wer gerade an der Macht war, gab ihr einfach einen neuen Namen.
1990 kam Nasarbajew an die Macht und heute heißt Alma Ata Almaty. Hier baute er seine Hauptstadt auf. Er kam aus ärmlichen Verhältnissen, er war noch ärmlicher als Frieda gewesen. Er war Sozialist, wie alle aus ärmlichen Verhältnissen Kommenden erst einmal Sozialisten sind. Dann stieg er immer weiter auf. Je höher er stieg, desto weniger war er Sozialist. So ist das eben.

Dann kam das Angebot. Frieda hat ihre Kinder gefragt, ob sie nach Deutschland reisen wollen. Reisen für immer. Sie waren ja biologisch Deutsch, also konnte man nach Deutschland kommen. Da es keinen Schmand und keinen Kuchen für die Kinder gab, sagte die Tochter "Ja" und Frieda sagte, so wird es gemacht.

Frieda war Lehrerin gewesen, damals. Auch an der Universität, zur Vertretung, sieben Jahre lang. Sprechen liebt sie und zuhören. Sie liebt es solche Augen zu sehen. Das ist ein vergnügen.Das ist schon beruflich. Augen die hören und lieben und funkeln.

Mit den Erinnerungen ist es nicht mehr so gut. Darum schreibt sie manches auf. Das Gedicht hat sie uns erzählt:

Friedas Gedicht mit Englisch

Halt! Stopp! Ich fühle mich gemobt!
Dein Niveau und mein Niveau.
Und du, Loser, willst mit mir Winner kommunizieren!
Geht das noch?
Abstand! Abstand!


Frieda ist von ihrem Klassikkonzert zurückgekommen. Sie ist nun aktiver Bestandteil unserer Ausstellung.

Sie fragt: Was hat Adenauer mit ihrem Land gemacht?
              Wenn ich ihnen das erzählt habe ist es genug, denn vom Sprechen wird man nicht klug.

So sitzt sie hier, auf unserer Couch, mit Frieder und einer Frau aus der Straßenbahn. Uwe ist auch gekommen. Er liest Zeitung.

Nun ist es 15:30 und Janina liest die Zueignung aus "Undine" von F. de la Motte Fouqué. Frieda rezitiert Die Loreley von Heine und das Röslein, dass von dem Knaben gebrochen wird. Wir haben ein stilles Einvernehmen gefunden und empfinden Sympathie füreinander. Frieda ist eine Bereicherung und sie versucht es immer mehr zu sein, indem sie ein russisches Lied für uns singt.

Der Abend

Am Abend durften wir unseren Dozenten Herr Rolf Fluhrer in unserer Ausstellung begrüßen. Er wollte kein Besucherprofil ausfüllen, schade. Lisa hat ihn mit den Worten "Ja, wir wollen hier schon ne 1,0!" auf unseren Ehrgeiz aufmerksam gemacht. Er bestätigte, dass wir eine äußerst engagierte Arbeit geleistet haben und gab der geforderten Zensur statt.

Außerdem konnten wir unsere Dozentin Chris Gerbing begrüßen. Sie veranstatet das Seminar "Kulturmanagement" am KIT.








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